Das erste Halbjahr 2023 ist passé und für die Rohölbullen sah es in Retrospektive nicht gerade erbauend aus. Der Preis für ein Fass Rohöl der US-Sorte WTI (West Texas Intermediate) fiel seit dem Beginn des Jahres 2023 um 9,86 Prozent (basierend auf dem Preis für den WTI-August-Kontrakt an der Terminbörse New York Mercantile Exchange - NYMEX).
Globaler Rohölmarkt – Überhang oder Defizit? Was sagen IEA, OPEC und EIA?
Der zuletzt veröffentlichte Ölmarktbericht der Internationalen Energieagentur „IEA“ (International Energy Agency) für den Monat Juni wies die neuesten Tendenzen für den globalen Rohölmarkt auf. Die „IEA“ geht auf das Gesamtjahr 2023 betrachtet von einem globalen Nachfragewachstum von 2,4 Millionen Fass pro Tag aus. Die Gesamtnachfrage würde damit auf 102,3 Millionen Fass pro Tag ansteigen. Dabei wiesen die Experten der „IEA“ auch auf Chinas gestiegenen Rohölkonsum hin. Trotz der nicht ganz so starken konjunkturellen Entwicklung im Reich der Mitte erreichte China im April 2023 mit einen täglichen Nachfragewert von 16,3 Millionen Fass pro Tag einen Rekordnachfragewert. Betrachtet man sich die Angebotsseite, fallen insbesondere die zuletzt vereinbarten Produktionskürzungen wichtiger Produzentenländer auf. Saudi-Arabien beispielsweise versprach ab dem nun laufenden Monat Juli eine Produktionskürzung um 1 Millionen Fass pro Tag und dürfte die Förderkürzung wohl auch verlängern. Auf Basis der schon verfügbaren Mai-Daten konnte zuletzt ein Rückgang der weltweiten Rohölproduktion registriert werden. Der „IEA“ zufolge wurde im Mai 2023 täglich 100,6 Millionen Fass pro Tag produziert. Zu weiterem Druck auf der Produzentenseite kommen nun Äußerungen aus Russland hinzu. Russland beabsichtigt den Rohölexport im August 2023 um 500.000 Fass pro Tag zu senken. Man muss kein Mathematikgenie sein, um zumindest aus den derzeit vorhandenen Daten das Defizit am Rohölmarkt zu errechnen. Man muss aber auch entgegenhalten, dass die aktuellen Prognosen auch ein gehöriges Maß von Unsicherheit bergen. Warum dies? Nun, allein beim Blick auf die am Montag, den 03. Juli 2023 veröffentlichten Einkaufsmanagerindizes für das Verarbeitende Gewerbe für den Monat Juni fällt quer durch die Bank auf, das die wichtigsten Industrieländer Werte deutlich unterhalb der expansiven Schwelle von 50,0 Punkten aufweisen. Für Wachstum spricht dies gegenwärtig demnach nicht, sondern eben für einen Schrumpfkurs. Lediglich in Asien besteht noch Hoffnung auf einen Turnaround. Der japanische Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe im Juni schrammte mit 49,8 Punkten knapp an der expansiven Schwelle vorbei. Der chinesische Wert lag mit 50,5 Punkten erfreulicherweise darüber und fiel sogar besser als erwartet aus. Die Werte für Spanien, die Schweiz, Italien, Frankreich, Deutschland, die Eurozone, Großbritannien und auch für die USA wurden größtenteils deutlich unterhalb der expansiven Schwelle publiziert. Die Wirtschaftsaktivität in diese hier aufgelisteten und beileibe nicht gerade unwichtigen Ländern, trug zuletzt nicht gerade zu einer hohen Nachfrage nach Rohöl- und Rohölderivaten bei. Es dürfte sich auf das Gesamtjahr betrachtet zumindest um eine vorübergehende Schlappe handeln. Vor allem Mitte gegen Ende des dritten Quartals dürfte die Rohölnachfrage wieder etwas anziehen, insbesondere wenn in Nordamerika und Europa die überwiegend kältere Jahreszeit beginnt. Legt man den Prognosehorizont von 2023 weiter in die Ferne und betrachtet sich die mittelfristige Prognose der „IEA“, wird eine Nachfragesteigerung auf Sicht der nächsten fünf Jahre, also bis zum Jahr 2028, erwartet. Bis zum Jahr 2028 prognostiziert die „IEA“ eine tägliche Nachfrage von 105,7 Millionen Fass pro Tag. Im direkten Vergleich zur 2023er-Nachfrageschätzung also nochmals eine recht ordentliche Steigerung. Auf absehbare Zeit wird Rohöl folglich noch ein enorm wichtiger Rohstoff bleiben.
Die „OPEC“ (Organization of the Petroleum Exporting Countries) veröffentlichte am 13. Juni ihren letzten Monatsbericht. Die „OPEC“ geht im Gegensatz zur „IEA“ von einem globalen Rohölnachfrageplus von 2,35 Millionen Fass pro Tag für das Gesamtjahr 2023 aus. Die Gesamtnachfrage in 2023 wird auf 101,91 Millionen Fass pro Tag geschätzt. Die „OPEC“ legt im Rahmen ihrer Rohölnachfrageschätzung ein globales BIP-Wachstum von 2,6 Prozent in 2023 zugrunde. Der „OPEC“ zufolge wurde im Mai 2023 im Durchschnitt 100,2 Millionen Fass pro Tag produziert. Basierend auf diesem Mai-Produktionswert und anzunehmenden Kürzungen durch Saudi-Arabien und auch Kürzungen in Russland dürfte es folglich zu einem Defizit im zweiten Halbjahr 2023 kommen. Die „OPEC“ sieht für die nächsten beiden Jahrzehnte eine stark ansteigende Rohölnachfrage. Die „OPEC“ prognostiziert bis zum Jahr 20245 eine tägliche Rohölnachfrage von 110 Millionen Fass pro Tag.
Die „EIA“ (U.S. Energy Information Administration) geht von einer globalen Nachfragsteigerung von 1,6 Millionen Fass pro Tag im Jahr 2023 aus. Der 2022er-Durchschnitt lag bei 99,6 Millionen Fass pro Tag, was demnach in 2023 einen Durchschnitt von 101,0 Millionen Fass bedeuten würde. Die globale Produktion wird von der „EIA“ für das Jahr 2023 auf 101,37 Millionen Fass pro Tag geschätzt.
Insgesamt könnte ein Defizit mitunter abzuwenden sein, doch es kann durch den Wegfall von Produktion schnell eng werden. Da reichen schon Produktionsausfälle eines Ausmaßes von 500.000 Fass bis 1,0 Millionen Fass pro Tag aus, um den Rohölmarkt in ein Defizit zu bringen. Sollten dann noch wetterbedingt Produktionsausfälle zum Beispiel in den USA drohen oder Produktionsanlagen ausfallen, wäre schnell mit Kursturbulenzen zur Oberseite zu rechnen. Außerdem steht noch der Wiederaufstockungsprozess der US-Reserven auf der Agenda, was zusätzliche Nachfrage bedeutet.
WTI Rohöl – was sagt die Charttechnik?
Die Analyse erfolgt hier im Tageschartbild anhand des CFDs auf den WTI Light Sweet Crude-Oil Spot (im „ActivTrader“ als „LCrude“ zu finden). Um die nächsten Ziele der Bullen und Bären näher definieren zu können, wäre auf eine Fibonacci-Analyse abzustellen. Die webbasierte Handelsplattform „ActivTrader“ erzeugt dann die Fibonacci-Retracements und Fibonacci-Projektionen, die zur näheren Bestimmung der Ziele zur Ober- und Unterseite herangezogen werden können.
Ausgehend vom Hoch des 08. März 2022 von 126,36 US-Dollar bis zum letzten Verlaufstief des 04. Mai 2022 von 63,94 US-Dollar, wären die nächsten Widerstände bei den Marken zur Oberseite von 78,67 US-Dollar (0.236%), 87,78 US-Dollar (0.382%) und 95,15 US-Dollar (0.50%) abzuleiten. Die Unterstützungen kämen bei der Marke von 63,94 US-Dollar (0.00%), sowie bei den Zwischentiefs aus der Charthistorie in Betracht. Hier wären zum einen das Verlaufstief vom 02. Dezember 2021 von 62,28 US-Dollar und zum anderen das Verlaufstief vom 23. August 2021 von 61,69 US-Dollar heranzuziehen. Dem Chartbild wurden hier zudem die drei EMAs (EMA50 in lila Farbe, EMA100 in blauer Farbe und EMA200 in roter Farbe) hinzugefügt.
Die jeweiligen Kurszielbereiche der Bullen und der Bären wären jeweils mit einem Rechteck (in grüner und roter Farbe) visualisiert. Zur Oberseite wäre ein Zielbereich beim 0.382prozentigen Fibonacci-Retracement von 87,78 US-Dollar anheimzustellen. Zur Unterseite könnte ein nochmaliger Test des 0.00prozentigen Fibonacci-Retracements (also des letzten Zwischentiefs) von 63,94 US-Dollar im Fokus der Bären sein. Der Relative-Strength-Index (RSI) wies zum Zeitpunkt dieser Analyse auf Tagesbasis mit 49,32 Punkten noch auf eine technisch neutrale Marktsituation hin.
Quelle: ActivTrader
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